NORDFROST GmbH & Co. KG

„Die Maut-Erhöhung ist drastisch. Solch eine Steigerung habe ich in meinem ganzen Berufsleben noch nicht erlebt. Den Mittelstand trifft es dabei besonders hart. Größere Firmen am Markt können es sich leisten, sie berechnen die Kosten und geben diese weiter.“

– Rainer Hautz
Von der Bundesregierung gibt es keine vorweihnachtlichen Geschenke für Speditionen. Ganz im Gegenteil. Die Maut geht hoch – und das schon ab 1. Dezember. Ab 1. Juli 2024 gilt die Mautpflicht dann auch für kleinere Transporter ab 3,5 Tonnen. Davon ausgenommen bleiben sollen Fahrten von Handwerksbetrieben. Was die Mauterhöhung für die Branche bedeutet, erklärt Rainer Hautz, bei der NORDFROST GmbH & Co. KG in Hamburg zuständig für Trockengut- und Container-Logistik.

PMM: Die Maut wird erhöht… 

… und das ganz drastisch. Aktuell sind es auf den LKW, die allgemein üblich sind und auf der Autobahn zu sehen sind, 19 Cent pro Kilometer. Zum 1. Dezember steigt der Betrag nun auf 34,8 Cent – das ist eine Steigerung von 83 Prozent. Für die Strecke München – Hamburg mit 800 Kilometer sind das bisher 152 Euro und in Zukunft 278,40 Euro. Solch eine Steigerung habe ich – und ich bin inzwischen 62 Jahre alt – in meinem ganzen Berufsleben noch nicht erlebt. 

PMM: Wie gehen Sie mit der Mauterhöhung um? 

Obwohl die Mauterhöhung erst jetzt beschlossen wurde, lagen die Fakten seit vielen Monaten auf dem Tisch. Bereits im Sommer habe ich zu unseren Kunden gesagt: „Richtet euch darauf ein, dass die Mauterhöhung Ende des Jahres kommen wird und so Kosten von rund 15 Prozent mehr entstehen.“ Ich wäre kein guter Logistiker, hätte ich mein Ohr nicht an aktuellen Themen und würde ich meine Kunden nicht rechtzeitig über solche Entwicklungen informieren. Zurzeit führe ich viele Gespräche mit Kunden, in denen wir auch über Effektivität sprechen. Die LKW, die wir losschicken, sind in der Regel voll, die können wir nicht noch voller machen. Aus Kostengründen fahren wir mindestens eine Auslastung von 85 Prozent, sonst wäre es nicht möglich, kostendeckend zu arbeiten. 

PMM: Was bedeutet das für die Branche? 

Wir sind massiven Kostensteigerungen ausgesetzt. Neben den 15 bis 20 Prozent wegen der Maut, stehen uns auch bundesweit Verhandlungen seitens VERDI bevor, die für 2024 einen neuen Tarifvertrag aushandeln möchten – das betrifft die Logistikbranche ebenfalls. Auch wenn wir als Nordfrost nicht tarifgebunden sind, ist es doch ein Indikator am Markt. Und das in einer Zeit, wo wir ohnehin Probleme mit dem Fachpersonal und dem Nachwuchs haben. Da schlägt die Maut neben den anderen Kostensteigerungen wie Personal, Material und allgemeine Kosten jeglicher Art natürlich zu Buche. 

PMM: Die Bundesregierung möchte auch erreichen, dass mehr E-LKW zum Einsatz kommen. Ist das eine mögliche Lösung? 

Ich kenne Unternehmer, die sich mit dem Thema beschäftigten, auch wir als Nordfrost tun das. Aber für das Streckengeschäft sind E-LKW nicht geeignet. Die Infrastruktur fehlt, die Leistungsfähigkeit der Batterien ist nicht kompatibel zu den Modalitäten, die wir bekommen und abzuarbeiten haben. Allein die Ladesäulen – selbst wenn es sie geben würde: Stellen Sie sich vor, Sie müssen Strom tanken, suchen dann eine freie Säule, müssen sich anstellen und warten, bis der LKW vor ihnen fertig ist und Platz macht. Das ist nicht umsetzbar. Zumal es wesentlich länger braucht, einen LKW als einen PKW zu laden. Einen E-LKW können Sie im Nahverkehr bewegen, beispielweise wenn er in München stationiert ist und in und um München fährt  – maximal 200 bis 250 Kilometer pro Tag. Im Streckengeschäft herrschen andere Relationen, da müssen Sie 600, 700, 800 Kilometer abbilden. Dazu kommt: Auch wenn es für E-LKW Förderungen, Steuererleichterungen und mehr gibt: Ein E-LKW rechnet sich gegenüber einem Diesel-LKW nicht – der Preisunterschied ist in etwas das dreieinhalbfache: 110.000 Euro eines Diesel-LKW stehen knapp 400.000 Euro für einen E-LKW gegenüber. 

PMM: Wen trifft die Mauterhöhung besonders? 

Den Mittelstand. Größere Firmen am Markt können es sich leisten, sie berechnen die Kosten und geben diese weiter. Aber kleinere Firmen, die vielleicht auch in einem Angstmodus arbeiten – was man im Unternehmertum natürlich nicht machen sollte – haben im Moment große Sorgen. Insbesondere die Frachter, also Unternehmer mit 10, 15, 25 LKW sind derzeit sehr nervös. 

PMM: Was bedeutet das für den Verbraucher? 

Die Mauterhöhung und damit verbundene Kostensteigerungen für transportierte Produkte werden auch beim Verbraucher ankommen, aber nicht sonderlich stark. Die Kosten von einem Liter Milch steigen vermutlich um 1,2 Cent. Meistens ist es ja so, dass der Lebensmitteleinzelhandel und die Discounter ihre Handelspartner dermaßen drücken, dass der Preis, der existiert, auch meist bleibt. 

PMM: Was können Lösungsansätze sein? 

Das ist eine schwierige Frage, die ich so nicht beantworten kann. Klar ist aber: Das Interesse der Bundesregierung ist es, Geldquellen anzuzapfen, um Wirtschaftsprogramme und andere Themen, die derzeit aktuell sind, zu finanzieren. Da ist der LKW ein einfaches probates Mittel. Er muss fahren – ob man es will oder nicht. Selbst wenn man die Preissteigerung auf 1 Euro beziffert hätte, hätte man das auch bezahlen müssen.  

PMM: Also wird der Wunsch, die Straßen zu entlasten, nicht wahr werden? 

Definitiv nein. Der Effekt, den man erzeugen wollte – nämlich eine Reduzierung der LKW auf den Straßen – wird nicht eintreten. Die Tonnenkilometer, also die Menge der Ware, die über die Straße per LKW transportiert wird, ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Nehmen wir Ihr Unternehmen Paul M. Müller als Beispiel: Die Lebensmittel, die Sie am Markt anbieten – da ist ein Transport auf der Schiene gar nicht abbildbar. Wie soll eine Kombination aus Bahn und LKW 5, 10 oder auch mal 15 Paletten von Ihnen auf Schienen und Straße in der vorgegebenen Zeit zum Empfänger bringen? 

 

Zur Person:

Rainer Hautz ist Standortleiter der NORDFROST in Hamburg und zuständig für Trockengut- und Containerlogistik, im Wesentlichen für Trocken-Lebensmittel, d.h. Konserven, Saaten, Trockenfrüchte, aber auch Non-Food für den Discount. Sein Team umfasst 20 Personen für alle speditionellen Abwicklungen – vom Container-Trucking, über behördliche und zolltechnische Abwicklungen, die Lagerung und den Transport der Waren bis zum nächsten Empfänger.
Rainer Hautz arbeitete seit 1986 in der väterlichen Spedition, bis hin zum Teilhaber. Nach dem Tod seines Vaters 2004 war er Alleingesellschafter, er kaufte und sanierte 2007 eine weitere Spedition und verkaufte Ende 2009 beide Firmen an die NORDFOST. Seitdem ist er in diesem Unternehmen tätig. Sein Lieblingsthema in der Branche: stets hochwertige und zuverlässige Logistik zu vernünftigen Preisen anbieten.

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