„Diese Verfahren, diese Prozesse und diese Qualität haben ihren Preis."

– Tiziano Freccia
„Die Tomatenernte steckt voller Überraschungen“, sagt PMMs Gesprächspartner Tiziano Freccia, Verkaufsleiter Industrie und Foodservice beim großen norditalienischen Tomatenverarbeiter Casalasco (Rivarolo del Re). Was er uns sonst noch über die aktuelle Marktlage verrät, lesen Sie hier.

PMM Herr Freccia, die diesjährige Tomatenernte steht vor der Tür. Frische, reife und schmackhafte Tomaten heben die Laune. Wie ist Ihre Stimmung?

Tiziano Freccia Jedes Jahr ist die Ernte eine Überraschung und anders als die vorherigen. Im Norden Italiens haben wir in diesem Jahr mit einer Hitzewelle und einer schweren Dürre zu kämpfen. Sie beeinträchtigt alle Kulturen, nicht nur die Tomaten. Die Situation ist besorgniserregend. Der Frühjahrsregen ist völlig ausgeblieben, und der Fluss Po hat den niedrigsten Wasserstand seit Jahrzehnten. Wir hoffen weiterhin auf eine Erfrischung, aber bei Temperaturen um die 30°C besteht die Gefahr, dass es zu Hagelstürmen oder Überschwemmungen kommt. Wir befürchten, dass wir wegen des Klimawandels nun regelmäßig extreme Wetterbedingungen erleben werden.

PMM Die Ernte stößt auf einen ausverkauften Markt. Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Nachfrage aus Industrie und Handel befriedigt werden kann?

TF Nach zwei Jahren der Ungewissheit im Zusammenhang mit Covid und den Lockdowns, ist der Foodservice-Sektor wieder in Gang gekommen. Der Markt leidet jedoch unter sehr niedrigen Beständen. Für die neue Saison ist die Nachfrage aus Industrie und Foodservice stark gestiegen, insbesondere die nach Tomatenmark. Glücklicherweise kann sich Casalasco auf 570 Farmen im Verbund verlassen. Hinzukommen drei Verarbeitungsbetriebe mit einer Gesamtkapazität von mehr als 560.000 Tonnen frischer Tomaten. Wir sind davon überzeugt, dass nur langfristige Beziehungen den Erfolg des Unternehmens sicherstellen, weil dadurch Preisausschläge und schwankende Waren-Verfügbarkeit abgefedert werden können.

PMM Welche Trends zeichnen sich auf dem europäischen Markt ab?

TF Die Pandemie, die damit einhergehenden Schließungen, die Unterbrechung der Versorgungsketten, der Energie-Preisanstieg, der Klimawandel, der Krieg, die schwierigen Beziehungen zu Russland und die steigende Inflation – all das blockiert den Innovationsprozess. Er sollte uns eigentlich helfen, das Produkt zum bestmöglichen Preis im Regal halten zu können. Es ist schwierig, Trends zu erkennen. Denn man hat das Gefühl, dass sich die Inflation auf die Sortimentsgestaltung auswirkt. Wahrscheinlich werden Artikel, die nicht unbedingt notwendig oder für den Unternehmens-Cashflow nicht von Vorteil sind, wegen geringer Verkaufszahlen und begrenzter Rentabilität reduziert.

PMM Das Label „100 % made in Italy“ ist nicht nur Qualitätsanspruch, sondern bedeutet auch kürzere Lieferwege. Sind die Abnehmer bereit, dafür höhere Preise zu bezahlen?

TF „100% made in Italy“ kennzeichnet ein Gebiet und die Art und Weise, wie Tomaten behandelt werden. Zunächst einmal hat die norditalienische Region Emilia Romagna den Standard der »qualità controllata« (CQ) entwickelt, den landwirtschaftliche Betriebe anwenden können, die auf Umweltschutz und Gesundheit achten. Diese dürfen nur eine begrenzte Anzahl von Chemikalien zu bestimmten Zeiten einsetzen und müssen die Frische der Früchte vor der Ernte kontrollieren. Die Liste der Mittel ist restriktiver als das italienische Gesetz, das in diesem Bereich bereits sehr streng ist. Außerdem haben wir vor einigen Jahren ein System zur Rückverfolgung eingeführt, das auf dem chronologischen Prozess der an die Fabrik gelieferten Tomaten und dem dazugehörenden Endprodukt basiert. Es ermöglicht uns, den Weg zwischen dem Endprodukt und den Landwirten, die die Tomaten-Charge geliefert haben, nachzuverfolgen. Diese Verfahren, diese Prozesse und diese Qualität haben ihren Preis. Es gibt Kunden, die das erkennen und bereit sind, diesen höheren Preis zu bezahlen. Andere sind es nicht, denn sie konzentrieren sich auf andere Faktoren, die einen niedrigeren Regalpreis ausmachen.

Wir bedanken uns für das Gespräch.

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